Bericht zur Hegge 2023
Von Christoph Beumer
- 6 Minuten - 1077 WörterDas Hegge Team hatte für 2023 ein starkes Thema mit aktueller Brisanz ausgewählt: "Judentum und römisch-katholische Kirche im Dialog." Der terroristische Überfall auf Israel durch die Hamas mit mehr als 1.200 Toten und 253 verschleppten Geiseln am 07. Oktober gab diesem Thema natürlich eine ungeahnte Aktualität.
Zunächst begann die Hegge aber wie immer mit dem gemeinsamen Abendessen und einem ersten "Hallo" der Bundesbrüder. Ich war in den letzten Jahren (leider) nur selten dabei, umso schöner war es, die alten Mitstreiter und die jüngeren Bundesbrüder wiederzusehen.
Nach dem Essen gab es einen Einführungsvortrag. Offensichtlich eine (nicht ganz so alte - ich kannte sie noch nicht) Tradition, dass ein junger Fux ihn hält. Der Vortag von Bbr. Kahren beleuchtete das Verhältnis zwischen römisch-katholischer Kirche und dem Judentum. Die frühe Kirche und erste Theologie der Kirche war geprägt durch eine ablehnende Haltung gegenüber dem Judentum, welche sich bis zur Zeit des Mittelalters theologisch und gesellschaftlich in Antijudaismen äußerte. Erst durch das 2. Vatikanische Konzil unter Berücksichtigung der schrecklichen Geschehnisse der Shoa konnte eine Annäherung und Wertschätzung des Judentums durch die römisch-katholische Kirche angestrebt werden. In den Erklärungen des Konzils fand das Judentum explizite Nennung und Hervorhebung als Wurzel des Christentums. Insbesondere die Erklärung Nostra Aetate gilt hier genannt zu werden. Insgesamt wurde ein geschichtlicher Abriss skizziert, der die Sichtweise der römisch-katholischen Kirche auf das Judentum im Wandel aufzeigte.
Danach gab es die altbewährte Vorstellungsrunde im "Türkenkeller" und dann eine gemütliche Runde in die Nacht hinein. Eine viel diskutierte Frage des Abends: Was ist die Essenz der Hegge? Das inhaltliche Thema? Der Austausch der Bundesbrüder untereinander? Der Diskurs über die aktuellen Herausforderungen in unserer Frisia?
Ich denke, alle genannten Aspekte sind wichtig und so haben sich einige AHAH (natürlich nur im Sinne einer Abreitsteilung…) voll auf den Dialog mit den Aktiven konzentriert. Bemerkenswert war die Tatsache, dass die Aktiven auch zu recht fortgerückter Stunde noch komplett anwesend waren. Wer aber nun glaubt, das läge am unstillbaren Durst sei eines Besseren belehrt: Auch hier scheint es eine (ebenfalls nicht ganz so alte - ich kannte sie ebenfalls noch nicht) Tradition zu geben: wer aus der Aktivitas am Freitag als erster geht, muss den Heggebericht für den Frisenbrief schreiben. Na, so kann man es auch machen! Um den armen Jungs die Last zu nehmen (einige schienen den Schlaf wirklich nötig zu haben), habe ich mich (ein bisschen zu) spontan bereiterklärt, diese Aufgabe zu übernehmen, vielleicht auch, weil Gustav meinte er würde mich unterstützen… Nun denn. Jetzt sitze ich hier, schreibe und erinnere mich an einen Artikel aus der GO von 1982: “Trunkenheit schützt vor Strafe nicht…” – wie wahr!
Den Rest der Nacht haben wir fröhlich nach dem Motto verbracht: "…und wenn sich der Schwarm verlaufen hat, zu mitternächtlicher Stunde…". Herrlich! Bundesbrüderlicher Austausch at its Best!
Dumm nur, dass mit dem ins Bett gehen der Wecker klingelte und eine Zusage im Raum stand, den Bericht zu schreiben. So sollte man doch wenigsten Teile des Inhaltes und der Vorträge mitbekommen. Ok, Frühstück ist jetzt nicht soooo wichtig, dafür aber pünktlich zum Vortrag da sein!
Der hochkompetente Referent des Wochenendes war Pater Dr. Christian M. Rutishauser SJ. Der Schweizer ist der Delegat für Hochschulen der Zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten. Er wurde 1965 geboren und ist in St. Gallen aufgewachsen. Er studierte Theologie in Fribourg und Lyon. Sein Doktoratsstudium im Bereich Judaistik absolvierte er in Jerusalem, New York und Luzern. Er hat verschiedene Lehraufträge im Bereich jüdischer Studien, so an der Hochschule für Philosophie S.J. in München, am Kardinal-Bea-Institut der Universität Gregoriana in Rom und an der Dormitio-Abtei in Jerusalem. Seit 2004 ist er Mitglied der Jüdisch / röm.-kath. Gesprächskommission der Schweizerischen und seit 2012 auch der Deutschen Bischofskonferenz. Er ist seit 2004 Delegationsmitglied der vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen mit dem Judentum und seit 2014 in derselben Funktion ständiger Berater des Heiligen Stuhls.
Inhaltlich war der Samstag in vier Blöcke unterteilt:
Vortrag I: Ausgewählte Einblicke in das Judentum heute
Vortrag II: Nostra aetete und 60 Jahre jüdisch / röm.-kath. Beziehungen
Vortrag III: Das heilige Land der Christen und des Eretz Israel der Juden
Im Anschluss an die sehr fundierten und informativen Vorträge fand dann eine Diskussion in Kleingruppen und die anschließende Präsentation der Ergebnisse im Plenum statt. Die Aufgabenstellungen für die einzelnen Gruppen orientierten sich an 3 Grundfragen:
Gruppe 1: 10 Fakten, die man über das Judentum wissen muss
Was ist typisch jüdisch? Was kennzeichnet den jüdischen Glauben?
Welche jüdischen Feste gibt es?
Welche jüdischen Sprachelemente / Wörter finden sich in der deutschen Sprache?
Nur was man kennt, kann man auch verstehen.
Anders ist immer erst einmal interessant.
Lessons Learned: Was habe ich / was haben wir Neues dazugelernt?
Gruppe 2: Der Staat Israel und das Judentum - unzertrennlich oder zwei Paar Schuhe
Statement Pro: Das Judentum und den Staat Israel kann man nicht trennen
Statement Contra: Der Staat Israel hat nichts mit dem jüdischen Glauben zu tun.
Wo liegt das Problem? Wie kann man einen Ausgleich schaffen?
Warum ist es wichtig, Staat und Glauben / Religion zu trennen?
Sammle Argumente für beide Thesen.
Lessons Leamed: Was habe ich / was haben wir Neues dazugelernt?
Gruppe 3: Wie stehen Katholiken zum Judentum?
Was können wir Katholiken von den Juden lernen?
Was haben Katholiken gemeinsam mit Juden?
Was trennt die beinen Religionen?
Was können wir vom jüdischen Glauben für uns Katholiken lernen?
Wie stehen wir als Katholiken zu den aktuellen Ereignissen in Israel?
Wie sollten sich Katholiken gegenüber Juden in Deutschland verhalten?
Lessons Learned: Was habe ich / was haben wir Neues dazugelernt?
Ein höchst interessantes Thema, durch den Referenten exzellent aufbereitet und vorgestellt mit einer bedrückenden Aktualität in Anbetracht der Ereignisse des 07. Oktober, der nachfolgenden Reaktion Israels und auch des dadurch neu aufgeflammten Antisemitismus' in Deutschland.1
Der Samstagabend verlief dann, nach dem gemeinsamen Gottesdienst, deutlich ruhiger als der Vorabend, so dass für das sonntägliche Forum Frisiae alle topfit an Bord waren.
Nach dem abschließenden Mittagessen ging es für alle wieder nach Hause, für mich mit vielen guten Gedanken an ein schönes Wiedersehen mit den Bundesbrüdern. An alle die nicht dabei waren (und auch für mich…): Wir sollten da einfach öfter mal hin – es lohnt sich (nicht nur, aber auch wegen des Spontankonzertes von Bbr. Paul! @Michael: großartig )!
im Übrigen in meiner Wahrnehmung nicht nur von rechts (was zu verurteilen ist) sondern auch von radikalen Islamisten und linken Gruppen, die ohne Verurteilung der Gräueltaten der Hamas einseitig Position gegen Israel und das Judentum beziehen (was aus meiner Sicht ebenfalls zu verurteilen ist) ↩︎