Unsere Prinzipien
Als CV-Verbindung1 pflegen wir drei Grundprinzipien:
Religion (religio)
Das erste unserer drei Prinzipien ist das Prinzip religio. Wir verstehen darunter ein klares Bekenntnis zum katholischen Glauben.
Aus welchem Grund schließen sich gerade katholische Studenten in Verbindungen zusammen? Geschichtlich gesehen war hier vor allem der sogenannte Kulturkampf, Mitte des 19. Jahrhunderts, ausschlaggebend. Damals waren Verachtung und teilweise auch Unterdrückung des Glaubens von Seiten des preußischen Staates und Teilen der Gesellschaft an der Tagesordnung. Fortgesetzt wurde der Kulturkampf an den Hochschulen zu Beginn des 20. Jahrhunderts als sogenannter akademischer Kulturkampf. Vor diesem Hintergrund schlossen sich katholischen Studenten in katholischen Verbindungen wie der AV Frisia zusammen.
Aber auch in der Gegenwart nimmt das Prinzip religio in unserer Verbindung weiterhin einen hohen Stellenwert ein. Die heutigen Verhältnisse sind zwar nicht direkt mit denen zu Beginn dieses Jahrhunderts zu vergleichen. Aber eine Abwendung großer Teile der Bevölkerung vom Glauben und der Kirche, als der Gemeinschaft der Gläubigen, bietet den Christen nicht gerade ein optimales Umfeld. In diesem Umfeld ist es für den Einzelnen deshalb wichtig einen gewissen Rückhalt zu haben. Und diesen Rückhalt versucht die Verbindung zu geben. Dies zeigt sich nicht nur in der Möglichkeit des gemeinsamen Besuchs von Gottesdiensten, sondern auch in Vorträge und Seminaren zu religiösen, oder ethischen Fragestellungen. Auch lassen sich oft persönliche Probleme unter guten Freunden leichter Diskutieren und eventuell lösen. Das Bekenntnis zum gemeinsamen Glauben schafft eine Art Fundament für eine lebenslange Freundschaft der Mitglieder und den Zusammenhalt in der Gemeinschaft. Dabei ist die christliche Weltanschauung ein wichtiger Grundsatz für den Umgang untereinander und mit Außenstehenden.
Aus dem Prinzip religio beziehungsweise aus der damit verbundenen christlichen Einstellung heraus ergibt sich für uns auch die Ablehnung des Schlagens von Mensuren. Die Zusammengehörigkeit innerhalb der Verbindung oder innerhalb des Dachverbandes (CV) erfordert kein körperliches Kräftemessen mit Verletzungsgefahr, sondern das Auseinandersetzen mit dem anderen im Gespräch.
Wissenschaft (scientia)
Jeder von uns hat sich seinen Studiengang ausgewählt und jedem ist natürlich daran gelegen diesen möglichst problemlos zu bewältigen. Dafür ist es notwendig einige Freunde zu haben, die sich gegenseitig bei der Studienplanung, Klausurvorbereitung oder bei Hausarbeiten unterstützen. Die auftretenden Probleme lassen sich so einfach lösen. Es ist dabei auch sehr wertvoll, wenn man neben den Freunden im Semester auch ältere Semester kennt, auf deren objektive Beratung und Unterstützung man bei auftretenden Problemen zählen kann.
Die bei uns entstehenden Kontakte sind sehr wertvoll, da dem älteren Semester daran gelegen ist dem jüngeren wirklich zu helfen, das bedeutet bei konkreten Problemen die nötige Zeit zu opfern, und ihn nicht nach kurzem unverständlichem Geschwätz wieder mit seinen Problemen allein zu lassen.
Unser Haus bietet gute Möglichkeiten, einen Teil seines Studiums dort zu bestreiten. Es gibt neben einem Arbeitssaal, in dem u.a. einige Fachbücher, Prüfungsprotokolle und Zeichenbretter vorhanden sind, noch einige Räumlichkeiten, in denen man sich mit seiner Lerngruppe treffen kann. Besonders in Phasen der Prüfungsvorbereitung sind einige lernende Leute im Haus anzutreffen, so dass bei auftretenden Fragen auch oft Hilfe zur Verfügung steht.
Unser Prinzip Scientia soll im übrigen nicht aussagen, dass wir uns als »elitärer Akademikerkreis« ansehen, sondern vielmehr, dass wir bei allen anderen Vorzügen des Studentenlebens das Studieren nicht zu kurz kommen lassen wollen. Keiner braucht sich wegen nicht bestandener Prüfungen o.ä. zu schämen, denn wohl die meisten haben Erfahrungen auf diesem Gebiet. Vielmehr ist es uns wichtig, einem anderen nach Misserfolgen die nötige Hilfe anzubieten.
Neben dem Studium sind uns natürlich auch andere Dinge wichtig. Wir bemühen uns auch in jedem Semester einige interessante allgemeinbildende Abende zu veranstalten, bei denen Referenten eingeladen werden, die Wissenswertes z.B. aus Politik, Technik, Medizin o.ä. berichten. Wir wollen so ein wenig dem Fachidiotentum entgegenwirken, was sicher auch im Interesse jedes Einzelnen liegt.
Freundschaft (amicitia)
Jeder weiß mehr oder weniger was Freundschaft ist und was es heißt einen Freund zu haben. Eigentlich ist es doch eine ganz natürliche, selbstverständliche Sache; warum hält die AV Frisia es dann für notwendig, Freundschaft als ein niedergeschriebenes Prinzip zu haben?
Nimmt so ein Prinzip nicht dem Ganzen die Natürlichkeit? Besteht gar der Zwang, mit jedem Verbindungsmitglied sprich Bundesbruder Freund zu sein oder, um ganz weit zu gehen, sich seine Freunde ausschließlich unter diesen zu suchen?
Diese Interpretation liegt vielleicht nahe, dagegen spricht allerdings schon unsere Auffassung, dass in der Verbindung erfahrene Werte, und dazu gehört die Freundschaft, in die gesellschaftliche Umwelt eingebracht werden sollen. Darüber hinaus ist es wohl selbstverständlich, dass sich jeder Bundesbruder auch außerhalb der Verbindung Freunde suchen kann und eigentlich auch sollte. Gegen die Bedenken des Zwangs zur Freundschaft ist zu sagen, dass durchaus klar ist, dass niemand zu wirklicher Freundschaft gezwungen werden kann. Nicht jeder kommt mit jedem gleich gut aus, mit manchem vielleicht sogar gar nicht; dies lässt sich für keine größere Gruppe ausschließen und somit auch nicht für unsere Verbindung.
Das Prinzip Freundschaft repräsentiert einen wichtigen Aspekt des Selbstverständnisses unserer Verbindung und eigentlich der Korporationen überhaupt. Die Situation, in der sich ein Studienanfänger befindet, ist zumeist die, dass er anfangs allein in einer fremden Stadt ist und sich zurechtfinden muss. Nun besteht nach unserer Auffassung vor allem die Notwendigkeit der Schaffung eines Bekannten- bzw. Freundeskreises, und hierfür will die Verbindung gute Voraussetzungen schaffen. Das heißt zuallererst, wenn ein neuer Student an die Verbindung herantritt, dass vorweggenommen wird, dass derjenige einen Freundeskreis sucht und er es wert ist ein Freund zu sein. Er kann also sicher sein, mit der Verbindung eine Gemeinschaft zu haben, die ihm mit Unvoreingenommenheit, Offenheit und ernsthaftem Interesse an seiner Person begegnet, und die bereit ist, ihm eine gute Chance zu geben. Im Gegenzug ist es somit für ihn leichter, selber Offenheit zu zeigen und die Verbindung und ihre Mitglieder kennenzulernen. In dieser Hinsicht soll das Prinzip daran erinnern, mit welcher Einstellung auf interessierte neue Leute zugegangen werden soll.
Genauso gut will es aber selbstverständlich zeigen, wie die Verbindungsmitglieder untereinander umgehen sollen. Es stellt an jedes Mitglied den Anspruch, dem einzelnen Bundesbruder, der gesamten Verbindung aber auch dem interessierten Nichtmitglied mit seinem Rat, seinem Verständnis, seiner tatkräftigen Hilfe und Solidarität beizustehen. Ebenso kann das Mitglied den gleichen Beistand vom Bundesbruder und der ganzen Verbindung erwarten.
Freundschaft ist natürlich mehr als nur Geben und Nehmen. Freundschaft bedeutet eher uneigennütziges Interesse am Wohlergehen des Freundes. Über das Gebot der Nächstenliebe möchte ich hier eine Querverbindung zum Prinzip Religion aufzeigen. Neben aller Zweckdienlichkeit einer Freundschaft ist die wesentliche Aussage des hier besprochenen Prinzips, dass Freundschaft etwas Gutes und Schönes ist, dass es ein zutiefst menschliches Bedürfnis und deshalb notwendig ist, sich in einer freundschaftlichen Atmosphäre zu bewegen. Andersherum ist die Freundschaft für die Verbindung als Kitt für den Zusammenhalt einer Gemeinschaft und als Motor für deren Aktivitäten von existentieller Bedeutung. Freundschaft bekommt somit eine eigenständige Bedeutung, sie wird zur Idee, zu einem ideellen Wert, der wiederum den Wert und auch die Dauer einer konkreten Freundschaft zwischen zwei Menschen zu steigern vermag.
Einen weiteren Teil unserer Freundschaft stellt der Lebensbund zwischen aktiven Studenten und denen, die ihr Studium beendet haben – unseren Alten Herren –, dar. Es ist in gewisser Weise ein Generationsvertrag; den Studenten wird ein günstiges Wohnen und Studentenleben auf dem Haus ermöglicht. Außerdem können sie aus den Erfahrungen der Älteren profitieren. Wenn es z.B. um ein heutzutage großes Problem wie den Arbeitsmarkt geht, stehen sie mit bestem Rat zur Seite. Freundschaft bietet auch die Möglichkeit, in anderen Städten eine günstige Bleibe zu finden. Die meisten der über 120 CV-Verbindungen besitzen ein Haus, auf dem Gäste jederzeit herzlich willkommen sind.
Als Manifestation dieses ideellen Wertes und des sozialen Aspektes der Verbindung ist das Prinzip Freundschaft also zu sehen, und so möchte ich diesen kleinen Aufsatz nun beenden mit einem Zitat aus dem CV-Bundeslied:
Freundschaft muss die Losung heißen, wenn der Bund bestehen soll.
Das vierte Prinzip des CVs, patria, wurde 1907, also nach unserer Gründung, hinzugefügt. Wir führen dieses nicht, pflegen aber dennoch eine eine auf sozialer Verantwortung gegründete Liebe zum Vaterland in völkerverbindender Gesinnung. ↩︎